Carrie (2013)

Carrie (2013)

Carrie

Carrie (R.: Kimberly Peirce, US 2013, 100min)

Ampel - Gelb
Remakes sind immer eine Sache für sich. Von der Fangemeinde des ‚einzig wahren Originals‘ prinzipiell gehasst, von weiten Teilen der Filmsehenden für unnötig empfunden, von Kritikern oft prinzipiell als schlecht eingestuft. Dabei bieten sie oftmals vollkommen neue Möglichkeiten: Sie können einer Geschichte neue Facetten hinzufügen, eine Handlung um frische Aspekte und andere Perspektiven erweitern, angestaubte Klassiker einer jüngeren Generation zugänglich machen oder schlicht und ergreifend die neuen technischen Möglichkeiten ausreizen.

Auch Kimberly Perices Carrie ist ein Remake. Eine erneute Erzählung von Kings erstem gleichnamigem Roman und eine Aktualisierung des Kinofilms Carrie(1976) von Brian De Palma. Dass Neuinterpretationen nicht grundsätzlich schlecht sein müssen, hat eben jener De Palma längst bewiesen, als er Scarface(1983), vormals ein Klassiker aus dem Jahre 1932 mit dem deutschem Titel Narbengesicht, mit Al Pacino wieder auf die Leinwand brachte. Doch wie sieht es mit der neuen Carrie aus?

Titelgebende Figur ist Carrie White, ein 16-jähriges Mädchen, von der fanatisch religiösen Mutter unterdrückt, von den Mitschülern ausgeschlossen, vollkommen isoliert und allein. Als sie nach dem Sportunterricht zum ersten Mal ihre Periode bekommt fürchtet sie, nicht wissend, was tatsächlich mit ihr geschieht, zu verbluten und schreit panisch nach Hilfe. Doch die kann sie weder von ihren Mitschülern, die das ganze Desaster filmen und ins Internet hochladen, noch von ihrer Mutter, die sie der Sünde bezichtigt, erwarten. Als verborgene Kräfte in ihr erwachen und sie wider Erwarten zum Abschlussball eingeladen wird, droht die Situation zu eskalieren.

Ein einziges Wort würde genügen, um den Film zu beschreiben: inkonsequent.
Für Horror ist er nicht gruselig genug, viel zu unatmosphärisch. Für Splatter fehlt das Blut. Für Drama wurden falsche Erwartungen geweckt. So plätschert eine Mischung aus allem vor sich hin, driftet unentschlossen in Richtung Horror, um wieder zum Drama zurückzugehen und irgendwo im Morast zu versumpfen.
Dabei gibt es durchaus Stellen, an denen Atmosphäre aufgebaut wird, an denen Bildkomposition, Musik und Moretz großartiges Spiel ein langsam steigendes Grauen im Zuschauer wecken. Doch kaum setzen diese Momente ein, werden sie unverzüglich wieder durch eine lächerliche Einstellung zerstört.
Dazu helfen auch die zahllosen Klischees, sei es die ‚plötzlich‘ im Spiegel auftauchende Mutter, die hinter dem Auto ihrer Peiniger auftauchende Carrie oder schlicht und ergreifend die Figurenkonstellation, keinen Deut weiter. Zu viele, um nicht gar zu sagen alle Aspekte der Handlung sind vorhersehbar, unabhängig vom Wissen ob der Vorlage(n), ein Aufkommen von Spannung oder Überraschung, oder auch nur die Kreation von Schockmomenten wird erfolgreich unterbunden.

Chloë Grace Moretz kann einem dabei beinahe leidtun. Sie spielt gut, keine Frage, aber ist leider eine komplette Fehlbesetzung. Noch vor wenigen Monaten durfte sie zahlreiche Kleinganoven und Möchtegern-Superschurken inklusive einer russische Kampflesbe in Kick-Ass 2 (2013) nach allen Regeln der Kunst auseinandernehmen und jetzt soll das Publikum ihr das kleine, gebrechliche und unterdrückte Mädchen abnehmen? Mit einem besseren Drehbuch könnte sie ihre Wandelbarkeit mit so einer Rolle demonstrieren, bei diesem Film wirkt sie aber einfach fehl am Platz. Ähnlich auch Julia Moore, fanatische Mutter Carries, stört einfach gewaltig. Auch ihr Spiel ist nicht schlecht, aber die Einschränkungen, der sie durch Drehbuch und/ oder Regie unterworfen ist reduzieren sie auf einen komplett nervigen und lächerlichen, stellenweise sogar ekelhaften und peinlichen Charakter.

Die Krone setzt dem Film aber diese Pseudomoral am Ende auf. Wenn endlich das Finale kommt und Carrie goes mad, dann sollte sie dies richtig tun, dann sollte sie ein Blutbad sondergleichen anrichten, dann sollte alles in ihrem Weg kurz und klein geschlagen werden und kaum jemand dürfte ihrem Zorn entgehen. Tut sie aber nicht. Es ist ein Gemetzel auf Sparflamme, weil ja (fast) niemand wirklich böse ist und alles nur eine dumme Verkettung von Zufällen ist muss natürlich auch (fast) niemand mit dem Leben bezahlen, eine Handvoll Alibi-Toter und schon ist es vorbei.

Zugute halten kann man dem Film leider nur einige wenige Einstellungen, die echt toll aussehen, wie etwa wenn die blutüberströmte Carrie von der Bühne hinunterschreitet oder ihren Peinigern auf der Straße entgegentritt. Das ist aber leider viel zu wenig.

Wenn der Kinosaal bei einem Horrorfilm mehrmals laut auflacht, dann hat der Film etwas falsch gemacht. Und falsch gemacht wurde hier definitiv einiges. Schlechtes Drehbuch, miserable Charakterzeichnung, falsches Casting, mangelhafte Inszenierung. Carrie hätte man in Frieden ruhen lassen sollen.

Eine Antwort zu “Carrie (2013)

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