Robin Hood (2013)

Robin Hood (2013)

Robin Hood

Robin Hood (R: Martin Schreier, Dt 2013, 100min)

Ampel - Grün

Die Zeit der Könige muss endlich vorbei sein!
(Alex Scholl)

Deutschland in naher Zukunft. Das Land versinkt in Armut, die sozialen Sicherungssysteme sind zusammengebrochen, Wohltätigkeitsverbände stoßen an ihre Grenzen. Besserung ist nicht in Sicht.

Mitverantwortlich für diese Krise: Rainer von Kampen, Vorstandsvorsitzender der DNB. Doch dank einem Netz aus Korruption und Gewalt bleibt dieser trotz erdrückender Beweislast von allen Ermittlungen unantastbar. Auch von denen durch Alex Scholl (Ken Duken), Mitglied eines Sonderermittlungsteams. Als noch am Tag von von Kampens Entlassung aus der U-Haft und der damit verbundenen Einstellung des Verfahrens gegen ihn, auch noch seine Schwester, selbst Opfer der Armutswelle, aufgrund von Existenzängsten Selbstmord begeht, begibt Scholl sich auf die andere Seite des Gesetztes und auf die Spuren einer alten Legende.

Ein Film, der im Kino sprachlos machen kann. Nicht unbedingt wegen seiner Qualität, denn es gibt viele, weitaus bessere Filme. Viel mehr weil man so ein Produkt aus der deutschen Kinolandschaft einfach nicht erwartet. Definitiv eine ganz große Perle, die auf der 19. Filmschau Baden-Württemberg andauernden Applaus nach sich zog.

Dabei krankt der Film an einigen Stellen, in mehreren Einstellungen wird deutlich, dass es sich eben doch um einen deutschen Film handelt. Da macht ein Darsteller einen Schritt zu viel, sagt einen Satz mehr als nötig, ist zu überladen in seinem Spiel. Auch die Dialoge sind schwankend. Dabei reicht das Spektrum von albern kitschig (wie etwa bei Scholls Besuch bei der Kollegin), über pathetisch („Sie sind kein Held!“) bis hin zu erfrischend selbstreflexiv („Sie sind verhaftet im Namen des Volkes. So was Dummes habe ich noch nie gesagt.“). Aber sie sind (fast) immer authentisch, zum Film passend. Es ist kein heroischer Hollywood-Abklatsch, und auch fern vom Schweiger- und Schweighöfer-Kino. Es ist eine eigene Identität die der Film wahrt, etwas das nicht um die Aufmerksamkeit der breiten Masse bettelt sondern dem aufgeschlossenen Kinobesucher neunzig sehr kurzweilige Minuten anbietet.

Die erzählte Geschichte ist dabei nicht besonders originell, geschweige denn neu. Aber sie ist spannend inszeniert, auch wenn der Zuschauer sicherlich sehr schnell erkennt, wohin es gehen wird, auch wenn es eine absolut typische Figurenkonstellation gibt, möchte man die weitere Handlung immer noch erzählt bekommen. Und auch wenn es zu einer starken Schwarz-weiß-Malerei bei den Charakteren kommt, so bleibt der Film jederzeit den Protagonisten gegenüber kritisch. Die zahlreichen Einblendungen der TV-Nachrichten sorgen für eine angenehme Distanz, die das Handeln der vermeintlich strahlenden Helden diskutiert und hinterfragt, wie etwa die Nachahmungsproblematik.

Die größte Stärke des Films aber ist das actiongeladene Finale und die (wenigen) Kampfszenen. Eine solch kompromiss- und gnadenlose Brutalität kennt man sonst eher aus Filmen wie Taken (2009) oder dem koreanischen Kino, aber nicht aus heimatlichen Gefilden. Dabei ergibt sich Regisseur Martin Schreier nicht irgendwelchen Tarantino-gleichen Gewaltexzessen sondern wahrt immer die eigene Linie. Die Kämpfe werden offen und schonungslos ausgetragen, sind auch gut choreographiert und atmosphärisch, sie eskalieren aber (zum Glück) nicht zu einem Kunstblutregen. Und genau dadurch erhalten sie in Kombination mit dem ein oder anderem One-liner genau das richtige Maß an Coolness und Humor, das nicht aufgesetzt und peinlich wirkt.

Zweifellos geht vieles besser. Aber der Film macht eine essentielle Sache genau richtig: Er hat, wie auch schon öfters angesprochen, eine eigene Identität. Er versucht nicht auf Biegen und Brechen ein amerikanisiertes Blockbuster Kino zu sein, wie etwa die peinliche RTL-Produktion Helden – Wenn dein Land dich braucht (2013). Er ist auch kein Weltklassefilm, der Martin Schreier (übrigens bereits für The Night Father Christmas Died (2010) für den Studenten-Oscar nominiert) in Oscarnähe oder zu Hollywood-Ruhm katapultieren wird. Aber er ist ein Schritt in die richtige Richtung, dem man seine kleinen Fehler und Logiklöcher gerne verzeiht, denn er bietet anderthalb Stunden herrlicher Unterhaltung. Und er bietet gemeinsam mit einigen anderen Filmen junger Regisseure Hoffnung und die Aussicht auf ein neues deutsches Genrekino.

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