In Time – Deine Zeit läuft ab
In Time (R: Andrew Niccol, US 2011, 109 min)
For a few to be immortal, many must die. (Henry Hamilton)
Es ist eine neue Zeit angebrochen. Eine Zeit, in der es kein Geld mehr gibt, eine Zeit in der eine andere Ressource weitaus bedeutender ist und die Währung darstellt: die Zeit selbst. Der menschliche Körper altert in dieser Zukunft nicht weiter, wenn er einmal das 25. Lebensjahr vollendet hat,die Unsterblichkeit ist zum Greifen nahe. Zumindest fast. Denn auch in dieser Welt läuft irgendwann die Zeit eines jeden ab – und zwar im wörtlichen Sinne. Bei der Geburt erhält jeder Mensch einen Countdown auf seinem Unterarm implantiert, der nicht nur die noch verbleibenden Jahre, Tage und Stunden anzeigt, sondern auch als eine Art Bankkonto fungiert, auf das der Lohn in Form weiterer Lebenszeit übertragen wird.
In einer solchen Welt lebt Will Salas, ein einfacher Arbeiter am Rand der Gesellschaft. Oder zumindest am Rande der reichen und privilegierten Minderheit, die sich auf Kosten der Armen mit ausreichend Zeit ausgestattet haben. Als Will eines Tages Henry Hamilton das Leben rettet, schenkt dieser ihm seine verbleibenden 116 Jahre Lebenszeit, ehe er stirbt – nicht ohne Will zuvor auf die Mitverantwortlichkeit der reichen Oberschicht für die Lage im Ghetto hinzuweisen. Der neu gewonnene Reichtum ermöglicht Salas den Weg in eine neue Gesellschaft und gibt ihm die Gelegenheiten, Veränderungen herbeizuführen, Veränderungen, die die bestehende Ordnung von Grund auf verändern könnten.
Fast schon traurig ist es, wenn man bedenkt, was hieraus alles hätte gemacht werden können. Andrew Niccol, bereits Schöpfer ähnlich gesellschaftskritischer Dystopien wie die Truman Show (1998) oder Gattaca (1997), erhielt ein beachtliches Budget, einen tollen Cast und eine einwandfrei arbeitende Crew. So überrascht es nicht, dass In Time handwerklich tadellos, auf Hochglanz poliert und getrimmt erscheint.
Aber das glänzende Äußere kann nur schwer von der tatsächlichen Inhaltslosigkeit ablenken. Dieses Szenario ist an sich ebenso schlicht, wie genial, es ist die konsequente Überspitzung des in unserer Zeit herrschenden Kapitalismus, die perfekte Grundlage für einen kritischen Rundumschlag, für einige Denkanstöße, für einen hochintelligenten Streifen, der noch lange Zeit beschäftigt.
Der Film selbst dagegen, die Umsetzung dieser Grundidee, ist kaum mehr als ein mittelprächtiger Thriller, unterhält ganz ordentlich, ohne aber irgendetwas besonderes, wie das auch immer geartet sein möge, zu zeigen. Weder hat er besonders gute Dialoge, noch herausragende Action-Szenen oder bemerkenswerte Twists, der Film verpasst die Gelegenheit Fragen aufzuwerfen, irgendwie oder irgendwo in die Tiefe einzudringen, mehr zu sein als bloß ein erneuter Bonnie und Clyde-Abklatsch (1967) zu sein.
Die Hauptdarsteller können einem dabei beinahe Leid tun. Justin Timberlake, Amanda Seyfried und vor allem Cillian Murphy zeigen zwar, dass sie Talent haben, dürfen aber nicht glänzen, da das Drehbuch sie lediglich von einer Verfolgungsjagd in die nächste stürzt, garniert noch mit der obligatorischen Liebesgeschichte und einigen weiteren Klischees. Überhaupt ist der komplette Plot so einfach, so stringent, so vorhersehbar gehalten, dass es wundert, wie viel Mühe in die Entwicklung einer solchen Gesellschaft gesteckt wurde. Die Handlung kann in nahezu jede Zeit problemlos übertragen werden, eine gewissermaßen ehrlichere Umsetzung in Form einer Bankräuber-Geschichte in der Gegenwart wäre wohl angemessener gewesen als dieses Wolfs im Schafspelz, diese groß beworbene gesellschaftskritische Idee ködert lediglich mit falschen Erwartungen, die der Film nie erfüllt, und die das Drehbuch in seiner tatsächlichen Form auch nicht erfüllen möchte.
Sicher, er ist atmosphärisch, der Score funktioniert, es gibt einige tolle Bilder und auch die ein oder andere Action-Szene ist ziemlich gelungen. Das ist bedeutend mehr, als viele andere bieten, aber nicht annähernd das, was versprochen wurde. So bewegt er sich lediglich auf dem Niveau von Filmen wie Michael Bays Die Insel (2005) oder das Total Recall (2012) Remake und wird wohl relativ bald vergessen sein.
In Time ist sicher kein schlechter Film – aber ein guter auch nicht. Losgelöst von großen Erwartungen und dem vergeudeten Potential betrachtet ist er ein ganz netter Sci-Fi-Thriller, der knapp zwei Stunden solide Unterhaltung mit einem starken Cast bietet. Nicht mehr und nicht weniger.
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Ich hatte auch den Eindruck, der Film bleibt hinter dem eigentlichen Potenzial zurück. Außerdem fand ich den von Cillian Murphy gespielten Time Keeper viel interessanter als diese Pseudo-Liebesgeschichte zwischen Will und der armen Reichen.