Dexter hat Ladehemmungen. Achtunddreizig Tage, sechzehn Stunden und zwölf Minuten ist es her, dass er seinen Bruder getötet hat – und seitdem niemanden mehr. Ein neues Opfer zu finden ist nicht das Problem, den misstrauischen Sgt. Doakes abzuschütteln auch kein großes. Doch zustechen und seinen bereits auf dem Tablet liegenden Außerwählten erledigen? Deutlich schwieriger.
Leider übertragen sich Dexters Hemmungen auch auf den Zuschauer, der Start in die zweite Staffel misslingt. Trotz seiner Vergangenheit und nächtlichen Aktivitäten ist Dexter kein tiefer Charakter, er ist eine perfekt organisierte und funktionierende Tötungsmaschine – genau in dieser Oberflächlichkeit liegt der Charme der Figur. Der Versuch, ihm eine weitere, eine zweifelnde und emotionalere Dimension anzudichten, holpert gewaltig.
Drei Dinge verhindern aber einen totalen Reinfall: Dexters Schwester Debra, die Figur des Little Chino und die Entdeckung seiner Leichenpakete. Debra haben die Ereignisse der letzten Staffel, als ihr Verlobter sich als Kühllasterkiller entpuppte traumatisiert, ihr nimmt man den emotionalen Part ab, ihr Weg zurück in den Alltag bewegt wirklich.
Little Chino funktioniert ebenfalls als Bösewicht für den Staffelstart. Dieser Bulle von Mann ist einfach herrlich hasserregend, ein arroganter und brutaler Schleimbeutel, der eine wahre Herausforderung darstellt und nicht einfach zur Schlachtbank geführt werden kann – allein schon aufgrund seiner physischen Überlegenheit.
Und schließlich ist da der neue Plot, welcher wohl als roter Faden für die zweite Staffel dienen wird: Die Entdeckung von Dexters kleiner Müllhalde. Ja, in der vorherigen Staffel ging es um sein Leben, aber wenn man ehrlich ist, war dieses niemals wirklich in Gefahr. Entdeckt zu werden ist unwahrscheinlich, jedoch durchaus im Rahmen der Möglichkeiten. Diese Jagd, die der eigenen Leute auf ihn, entbehrt zwar der mysteriösen Bedrohung durch einen Fremden, bietet aber großartige Möglichkeiten für ein klassisches Katz-und-Maus-Spiel.
Ein mittelmäßiger Start in die neue Staffel, der noch nicht so recht zündet, aber durchaus Potential für mehr bietet.
06/10
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