Game of Thrones
Season 6, Episode 1
The Red Woman
Inhalt: In der schwarzen Festung wird der Leichnam von Jon Snow durch Davos Seaworth und befreundeten Brüdern der Nachtwache entdeckt und in einem der Häuser aufgebahrt. Die rote Frau, Melisandre, kehrt ebenfalls zur schwarzen Festung zurück und trifft dort auf die kleine Gruppe. Eddison Tollett will aus Rache Thorne und die anderen Kommandeure attackieren, wird aber von Davos überzeugt, nach Hilfe bei den Wildlingen zu suchen. Währendessen gesteht Allisar Thorne den Verrat und Mord, erlangt dennoch die Kontrolle über die Bruderschaft, indem er die Nachtwache überzeugt, Jon Snow wäre der Untergang der Bruderschaft gewesen. Anschließend stellt Thorne Davos und den anderen verschanzten Brüdern ein Ultimatum und gewährt ihnen Amnestie und sicheres Geleit, sollten sie sich bis zum Sonnenuntergang ergeben.
In Winterfell trauert Ramsey Bolton um seine Jugendfreundin Myranda. Sein Vater, Roose Bolton, warnt jedoch vor einem kommenden Angriff durch die Lannister-Armee, da er gegen die Krone rebelliert habe, als er Sansa Stark mit Ramsey vermählt habe. Sansa sei die einzige Möglichkeit, den Norden hinter den Boltons vereinen und der Sieg über Stannis Baratheon sei angesichts des Verlusts der Erbin von Winterfell bedeutungslos.
Die beiden Flüchtlinge, Sansa und Theon Greyjoy, werden von einem Suchtrupp eingeholt. Im letzten Moment erreichen Brienne von Tarth und Podrick Payne den Schauplatz und töten Ramseys Männer in einem kurzen, aber heftigen Scharmützel. Sansa akzeptiert daraufhin den erneut angebotenen Treueeid Briennes.
Jaimie Lannister kehrt mit dem Leichnam seiner Tochter Myrcella nach Kings Landing zurück. Cersei glaubt an die Erfüllung einer Prophezeiung aus Jugendtagen, während Jaimie bereits Rachepläne gen Dorne schmiedet. Königin Margaery Tyrell befindet sich immer noch in den Zellen unter der Septe, wo ihr der Wunsch, ihren Bruder zu sehen, verwehrt wird.
In Dorne kommt es zum Putsch. Nachdem die Nachricht von Myrcellas Tod bei Fürst Doran Martell ankam, wird dieser, ebenso wie sein Sohn, durch Ellaria Sand und ihre Töchter ermordet. Schwache Männer würden niemals wieder über Dorne regieren.
Tyrion Lannister und Varys besprechen die allgemeine, relativ schlechte Lage in Meereen seit der Abwesenheit Daenerys. Die Stadt versinkt im Chaos. Während eines Anschlags wird Daenerys Flotte in Brand gesetzt und zerstört. Daario Naharis und Jorah Mormont finden auf ihrer Suche nach Anhaltspunkten auf Daenerys Aufenthaltsort.
Die Dachenmutter befindet sich derweil in dorthrakischer Gefangenschaft und wird Khal Moro vorgeführt. Dort offenbart sie sich als Witwe des verstorbenen Khal Drogo. Zwar wird sie anschließend sehr respektvoll behandelt, ihr Wunsch nach Meereen zurückzukehren wird ihr allerdings verwährt. Stattdessen soll sie nach Vaes Dothrak gebracht werden, dem Tempel in dem sich die khaleesi verstorbener Clanführer aufhielten.
Die erblindete Arya Stark muss ihren Lebensunterhalt durch betteln bestreiten. Dort wird sie von der Heimatlosen aufgesucht und zu einem Kampf aufgefordert. Nachdem Arya verprügelt wurde, kündigt die Heimatlose ihre erneute Wiederkehr am nächsten Tag an.
Rezension: Die erste Episode der fünften Staffel lief unter dem Titel The War To Come – ein überaus passender Titel für den Beginn von Staffel sechs. Nicht weniger als drei potentielle Kriegsschauplätze werden hier präsentiert. Eine handvoll Brüder der Nachtwache ziehen ein Bündniss mit den Wildlingen in Betracht, um den Mord an Lordkommandant Jon Snow zu rächen und könnten den eigentlich beigelegten Konflikt erneut aufbrodeln lassen. Ein wenig weiter südlich fürchtet Roose Bolton Vergeltung aus dem Süden des Landes, nachdem er gegen die Krone komplottierte in dem er seinen Sohn mit Sansa Stark verheiratete – neben der allgegewärtigen Gefahr einer Revolte des zu großen Teilen immer noch den Starks loyalem Land. Und schließlich bereiten sich sowohl Lannisters als auch Dorne mit einer neuen Führerin auf einen Krieg vor, um die Tode verschiedener Familienmitglieder zu rächen. Und über alledem schwebt zusätzlich die permanente Bedrohung durch die weißen Wanderer.
Das größte Geheimnis im Vorfeld der sechsten Staffel wird in der ersten Episode, man will fast sagen zum Glück, nicht gelüftet: Jon Snow ist tot und bleibt es auch erstmal. Es spricht aber einiges dafür, das dem nicht so bleiben wird, insbesondere der Auftritt von Melisandre, der titelgebenden roten Frau. Zwar nur mit sehr wenig Screentime versehen, besticht sie mit einer großartigen Präsenz. Carice von Houten schauspielerische Fähigkeiten kommen insbesondere in der letzten Szene zum Tragen, in der dem Zuschauer ihre wahre Gestalt offenbart wird – eine kaum verborgene Anspielung auf einen literarischen Klassiker – und erzeugen einen atmospherisch sehr dichten Moment.
Im unmittelbaren Umkreis zu Snows totem Körper lässt sich auch die größte Stärke der Serie unmittelbar ausmachen: ihre moralische Diversität. Thorne muss sich vor der Bruderschaft für den Mord verantworten – und tut dies beeindruckend. Schroff, aber ehrlich erklärt er sich, wie er und die anderen Offiziere einen Verrat begangen haben, zum Wohle der Bruderschaft, um den Orden zu schützen. Und das ist nicht gelogen! Humanitäre und moralische Werte, an denen sich Snow entlanghangelte, zählen hier erst einmal wenig, es geht in erster Linie darum, die jahrhunderte alten Feinde auf der anderen Seite der Mauer zu halten. Der vermeintliche Bösewicht erhält eine klar ersichtliche und logische Motivik, nach der er agiert, ein einfaches Gut und Böse ist schlicht und ergreifend unmöglich auszumachen.
Weniger gelungen, dies ist allerdings eine Kritik an dem größeren Rahmen und nicht an dieser einzelnen Episode, ist der Handlungsbogen um Daenerys Targaryen. Ihre Entwicklung verläuft nicht wirklich strigent und geradlinnig, sondern wird mit vielen – zu vielen – Unterbrechungen und insbesondere Wiederholungen versehen. Im Grunde befindet sie sich zu Beginn der sechsten Staffel an der selben Stelle, wie zu Beginn der Ersten: fremdbestimmt in einer Horde dorthrakischer Barbaren. Ein wichtiges und sehr gelungenes Motiv war die Emanzipation Daenerys und ihr Wandel zu einer tatsächlichen Herrscherin. Dieses Motiv wird aber immer und immer wieder neu aufgegriffen, in dem Daenerys regelmäßig verschiedenen Mächten untergeordnet wird und gegen diese rebellieren muss, sei es in Qarth, in Astapor oder auch Mereen. Der Eiserne Thron als eigentliches Ziel ist längst aus den Augen verloren. Und so liest sich Tyrions Kommentar zu der in Flammen stehenden Flotte der Drachenmutter beinahe als ironische Bemerkung der Serienmacher zu diesem Umstand: Well, she won´t be sailing to Westeros any time soon.
Von diesem Umstand abgesehn ist das Erzähltempo aber angenehm hoch. The Red Woman fühlt sich nicht wie ein typischer Pilot an, die Figuren werden nicht einmal mehr in ihrer Umgebung etabliert, sondern das Wissen um ihre derzeitige Situation wird als gegeben vorausgesetzt. Tatsächliche Actionszenen sind zwar äußerst rar gesät, doch intensiv und sehr gelungen inszeniert, insbesondere der Putsch in Dorne sticht hier heraus. Es werden aber sehr viele Auseinandersetzungen unmittelbar vorbereitet, rund um den fiktionalen Globus. Etwaige Kriege, persönliche Rachefeldzüge im Norden, Osten und Süden, die, sehr wahrscheinlich, gewaltsam endende Rettungsmission für Daenerys, Terrorismus in Mereen.
Ein gesonderter Blick lohnt sich noch auf die ein wenig paradox anmutende letzte Szene. Regisseur Jeremy Podeswa spielt hier sehr stark mit dem Motiv des Spiegels. Die Kamera beobachtet Melisandre während sie sich entkleidet wechselweise direkt oder indirekt über einen verdreckten Spiegel. Dieser entlarvt die Realität, offenbart dem Zuschauer die Wahrheit, ähnlich dem Gemälde des Dorian Gray. Legt Melisandre ihre Kette ab, so wird aus der attraktiven roten Priesterin in der Blüte ihres Lebens eine uralte Frau, gebrechlich und schwach. Sie steht in deutlichem Kontrast zu der bisher sehr starken und mächtigen Figur – obwohl ihre Fähigkeiten unmittelbar vor besagter Szene vom Zwiebelritter hervorgehoben werden. Hier liegt das gewisse Paradoxon: Davos Worte lassen ein dunkles und kraftvolles Ritual vermuten, irgendeinen Zauber, der die Kämpfer der Nachtwache in die Knie zwingen wird. Stattdessen wird Melisandres Schwäche erstmals regelrecht inszeniert. Und, obwohl ihre Verwundbarkeit hier offenkundig erscheint, so wird sie mittelbar in einen Moment der Stärke umgedeutet, weiß doch jeder, zu was sie im Stande ist – und um wie viel größer die zu nehmenden Hürden sind.
The Red Woman ist ein verheißungsvoller Beginn, der sich eher wie die direkte Vorbereitung auf das Staffelfinale, denn wie ein Pilot anfühlt. Game of Thrones glänzt einmal mehr mit nahezu perfektem Erzähltempo, mit seinen ambivalenten Figuren und seiner Symbolik. Es darf getrost großes vom weiteren Staffelverlauf erwartet werden!
9/10
Ich fand die erste Folge auch sehr gelungen. Aber auch Daenerys‘ Situation / Schicksal fand ich gut und folgerichtig und anrührend dargestellt. Ohne Heimat und von Kindheit an auf eine Art ja allein, wird man schnell hin und her geworfen. Es spricht für die innere Kraft und Stärke dieser Figur, dass sie in jeder dieser Lagen, sich wieder und wieder auf sich selbst beruft, nicht aufhört zu kämpfen, zu überleben und den eigenen Weg konsequent fortsetzt, ohne zu wissen, wohin es geht. Westeros war ein Ziel, wie es Ziele sind, die zum Losgehen geeignet sind. Schon länger ist doch das eigentliche Ziel, sich selbst und alle, die unterdrückt werden zu „befreien“. Dass das ein Ding der Unmöglichkeit ist und das ein so einfacher und klarer Wunsch wie der, dass keiner über einen anderen herrschen soll, in einer Welt voller Intrigen und Machthunger und Angst nicht erfüllt werden kann, wird, wie ich finde, eindrucksvoll gezeigt. Wo denn nun das letztendliche Ziel der Reise sein wird…wer weiß.
Ich fand auch die letzte Szene sehr sehr beeindruckend. Eine sehr dichte Folge, die wie so oft, zu schnell vorbei war 😉 !
Und eine sehr schöne Rezension!!!
sorry, lange Woche
erstmal danke für das Lob! 😀
mein Punkt ist der: jeder einzelne Schritt von Daenerys ist irgendwo nachvollziehbar und passt auch zu einer Entwicklung, die sie durchlebt. Aber irgendwie wacht man an einem gewissen Punkt auf und denkt sich: hoppla, wie ist die denn da gelandet? Das hat doch rein gar nichts mehr mit ihrer ursprünglichen Storyline zu tun – die mMn sogar Titelgebend war! (Song of Ice and Fire; die Bedrohung Westeros durch die White Walker aus dem Norden und der Drachen aus dem Süden)
es wirkt auf mich ein wenig ob Martin (oder zumindest die Serienmacher) hier ziemlich viel einfach verschleppen würden, beinahe als ob sie Zeitschinden würden. Dazu kommt, dass viele der einzelnen Stationen mehr als einmal durchlaufen werden. Von Prinzessin fällt sie tief auf den Status einer besseren Prostituierten, arbeitet sich ihren Weg hoch zu einer Clanführerin, nur um von diesem Verlassen zu werden und mit einer handvoll Leute halb tot in der Wüste zurückzubleiben, um sich als vorläufiger Tiefpunkt in Qarth beinahe prostituieren zu müssen und ihrer Drachen beraubt zu werden, arbeitet sich wieder hoch zu einer allseits geliebten Königin, um zu einem Feindbild zu werden und anschließend irgendwo in der Wildnis ausgesetzt zu werden. Ich denke du siehst meinen Punkt? Mich stört diese Art ihrer Story-Line einfach, die vom permanenten Auf und Ab geprägt ist, wobei die Hochs und Tiefs immer sehr ähnlich sind. Und dass sie jetzt am exakt dem gleichen Punkt ist, wie zu Beginn der Serie ist dann so ein bisschen die Kirsche auf der Art ihres Plots 😀
wow, lange Antwort 😉 Danke!
Ich kann, denk ich, nachvollziehen, was du anführst. Und ein bißchen Schwung in ihrer Storyline und ein „Vorankommen“ wäre wünschenswert! Bin gespannt, wohin es geht!!!!